Nach dem etwas holprigen Start in Serbien haben wir uns in den letzten Tagen mit Serbien angefreundet. Es gefällt uns hier wirklich sehr gut! Es scheint, die oberste Regel eines Serben ist: Sei ein guter Gastgeber! Sobald wir irgendwo mit unseren schwer beladenen Fahrrädern anhalten, sprechen uns freundliche Menschen an, um uns ihre Hilfe anzubieten. Manchmal werden uns die Wünsche einfach von den Augen abgelesen! Die Hilfe die uns entgegengebracht wird ist an keinerlei Bedingungen geknüpft, die Menschen freuen sich einfach uns helfen zu können. Wenn wir dann erzählen, dass wir aus Deutschland kommen, merken wir, dass die Leute ein sehr positives Bild vom Leben und vor allem Arbeiten in Deutschland haben. Hier ist man richtig froh, überhaupt eine Arbeit zu haben, bei einer Arbeitslosenquote zwischen 20 und 25 %.
Bevor wir uns aus Novi Sad auf den Weg Richtung Belgrad gemacht haben, musste erst einmal die Kamera mit typischen Touristenfotos gefüllt werden :) Wir haben von Novi Sad keine großen architekturellen Erwartungen auf Grund der sozialistischen Historie gehabt. Gerade deswegen wurden wir von der uns an Österreich erinnernden Architektur der Innenstadt mit ihren einladenden Cafes sehr positiv überrascht. Die Stadt hat ihren eigenen Flair, der von der Mischung aus klobigen sozialistischen Bauten der 50er/60er Jahre und den älteren verzierten Gebäuden der Österreich-Ungarischen Monarchie ausgeht.
Nach dem Ruhetag ging es wieder auf die Räder. Der kräftige Gegenwind von bis zu 46 km/h sorgte unter anderem dafür, dass wir trotz eines angepeilten Tagespensums von nur 50 km unsere Muskeln wunderbar trainieren konnten. Dies wird auch langsam nötig, denn wir haben uns überlegt, demnächst die Donau früher als bisher geplant zu verabschieden. Dies bedeutet für uns: Es wird bergig! Im Moment sind wir die Donau und damit auch die flachen Donauebenen relativ überdrüssig und freuen uns wieder auf ein wenig landschaftliche Abwechslung. Nach dem Eisernen Tor wollen wir die Donau in Richtung Balkangebirge (Bulgarien) verlassen. Deswegen werden wir wohl auch keinen Abstecher mehr nach Rumänien machen, was wahrscheinlich auch nicht weiter schlimm ist, da die Walachei, durch die unsere ursprüngliche Route führte, von vielen als der landschaftlich eher langweiligste Teil Rumäniens beschrieben wird.
Mit frischem Quellwasser, mit welchem wir ohne zu fragen von einem Jungen bei unserem zweiten Frühstück versorgt wurden, ging es auf unsere Zeltplatzsuche. Diese gestaltete sich schwieriger als sonst, denn wir fuhren den ganzen Nachmittag auf der Hauptstraße an einer zu 100% von Landwirtschaft und Privathäusern genutzten Landschaft vorbei. Nach langem Suchen und einer erfolglosen Anfrage bei einem Anwohner nach einem Campingplatz im Garten finden wir doch noch einen Platz für unser kleines Zuhause direkt an der Donau. Um uns herum: ärmlich wirkende Holzhütten, Angler, Hausschweine und Schafe. Wirklich zufrieden sind wir beide mit diesem Zeltplatz nicht, aber es wird bald dunkel und wir bleiben dort. Unsere Stimmung wurde von der langen und nicht so erfolgreichen Suche ein wenig getrübt. Das Aufstellen unseres Zeltes und das warme Essen im Bauch wirkten Wunder, schnell fühlten wir uns Zuhause und alles war wieder gut :) Schön ein portables Zuhause immer griffbereit zu haben! Wir schlafen sehr gut und werden am nächsten Morgen von einem Fiepen neben unserem Zelt wach… “Thorsten, da ist ein Hund neben unserem Zelt!” Unsere Erfahrungen mit Hunden in Serbien waren bisher nicht so wirklich positiv. Meist bellten sie uns an, verfolgten uns auf unseren Fahrrädern.. auf einen näheren Kontakt waren wir nicht aus! Thorsten krabbelte als erster aus dem Zelt und traf auf eine Husky-Hündin, die uns als Spielgefährten gewinnen wollte. Sie flitzte die ganze Zeit um uns herum und hatte scheinbar beschlossen ab jetzt zu uns zu gehören. Sie legte sich während unseres Frühstücks neben uns und wartete geduldig darauf, dass wir fertig wurden. Ein toller Hund – Sabine hatte sie direkt ins Herz geschlossen, Thorsten war nicht ganz so begeistert von unserem neuen Familienmitglied :) Als wir uns dann mit den Fahrrädern wieder auf den Weg machten, sprang die Hündin freudig um uns herum, als würde sie sich freuen, nun mit uns auf Reisen zu gehen. Der gemeinsame Weg nicht ganz so weit (Sabine: “leider”, Thorsten: “zum Glück”): direkt am nächsten Bauernhof jagten die Wachhunde hinter ihr her und sie ergriff die Flucht – wir waren wieder zu zweit…
Nach 40 km mit Gegenwind auf Hauptstraßen kamen wir in Belgrad an. Der Donauradweg schien hier nur noch eine Navigationshilfe zu sein, aber nicht mehr eine Garantie auf eine fahrradfreundliche Wegführung. Umso freundlicher wurden wir in Belgrad aufgenommen. Direkt bei unserem ersten kurzen Stop spricht uns Miloš auf unsere Reise an. Er besteht darauf, uns zum Kaffee einzuladen und führt uns nach einem Zwischenstopp mit leckerem Tee bei seiner eigenen Fiat-Werkstatt auf fahrradfreundlichen Wegen in die Innenstadt von Belgrad.
Wir genießen die erholsamen Tage in Belgrad: schlafen aus, probieren serbische Spezialitäten (meistens fettig und mit viel Fleisch) und schlendern durch die Stadt. Belgrad hat auf Grund der vielen Luftangriffe (deutsche und amerikanische während des zweiten Weltkrieg, NATO-Angriffe während des Kosovo-Krieges) eine gemischte Bausubstanz. Die Leute verbringen ihre Freizeit oft im Freien oder in den zahlreichen Cafes. So wie wir ;) Die Stadt und die Einwohner hinterlassen bei uns einen sehr entspannten Eindruck. Das so oft gepriesende Nachtleben haben wir nicht getestet, da wir an unseren “fahrradfreien” Tagen lieber ausruhen und uns der Schaf zu kostbar erscheint. Am letzten Abend in Belgrad haben wir uns mit Miloš und seiner Freundin Sandra zum Abendessen verabredet. Als absolute Insider haben die beiden uns in ein Restaurant mit wunderschöner Aussicht über Belgrad entführt und uns zum Essen eingeladen. Wir haben den Abend und die intensiven Gespräche mit ihnen sehr genossen und hoffen uns irgendwann für diese wirklich außerordentliche Gastfreundschaft der beiden revanchieren zu können!