Menü
Entspannen in Laos

Entspannen in Laos

12. Dezember2014

Wir sind nun bereits seit mehr als 2 Wochen in Laos. In dieser Zeit haben sich uns gefühlt mehr Rätsel aufgetan als Fragen geklärt. Die Menschen in diesem Land sind einige der ärmsten, die wir bisher auf unserer Reise getroffen haben. Auf unserem Weg durch die kleinen Dörfer sehen wir immer wieder Bambushütten, in denen die Menschen auf engem Raum leben. Wie auch schon in Kirgisistan beobachten wir, dass die Häuser in den Dörfern selten über fließend Wasser verfügen. Während wir auf dem staubigen Highway neben den Lastern entlang rollen, waschen Frauen an den öffentlichen Wasserstellen direkt an der Straße ihre Wäsche. Mädchen und Frauen duschen sich in Kleidung oder mit einem Handtuch um den Körper gewickelt. Manchmal gibt es den Luxus eines Sichtschutzes zum Duschen. Kinder spielen an der Straße. Auf nackten Füßen jagen sie einem ausrangierten, alten Reifen hinterher, den sie mit einem Stock immer wieder anstoßen und balancieren. Hühner, Schweine und Hunde suchen am Straßenrand nach Nahrung. Der Unterschied zwischen den Dörfern und Städten ist riesig. Vor allem die Städte, die von Touristen angesteuert werden, sind wie eine andere Welt. Dort wo Backpacker sind, findet man Straßen voller Restaurants und Bars, die Burger, Pommes und Cocktail-Happy-Hours anbieten, und Guesthouses, die über westliche Toiletten verfügen. Laos ist das von westlichen Touristen am meisten überrannte Land, welches wir auf unserer Reise besucht haben. Schon längst kein Geheimtipp mehr! Wir beobachten das gleiche Phänomen wie in den chinesischen touristischen Städten: das wirkliche Leben macht einem Paradies Platz, welches den Touristen (in diesem Fall sind es Europäer, Amerikaner, Kanadier, Australier, Thailänder und Chinesen) einen möglichst einfachen und sorgenfreien Alltag ermöglichen will – manche Städte halten vielleicht sogar mit dem Ballermann mit. Und trotz dieser zwei gegensätzlichen Welten, die hier nebeneinander existieren, sind die Laoten die bestgelauntesten Menschen, die wir bisher kennengelernt haben, von Neid beim Anblick der wohlgenährten und gut gekleideten Touristen keine Spur! Die Frau, die einen Holzwagen durch die Straßen zieht, auf dem sie den Plastikmüll einsammelt, schaut auf, wenn wir vorbei laufen und lächelt uns freundlich an – kein Betteln, von negativen Gefühlen keine Spur! Wir sind immer wieder überrascht, wie glücklich die Laoten auf uns wirken. Ein Lächeln sitzt immer locker auf den Lippen und die Kinder sind ein Phänomen: Mit absolut herzergreifender Euphorie springen sie bei unserem Anblick auf, winken wie verrückt und rufen laut und mit einem breiten Grinsen “Sabai-diiii!!!”, manchmal reihen sie sich auf, um uns “high-fives” zu geben während wir an ihnen vorbei radeln. Die Kinder sorgen bei uns immer wieder für gute Laune. Und gleichzeitig fragen wir uns auch immer wieder, wie das alles sein kann. All die Umstände, unter denen die Menschen hier zu leiden haben, scheinen keinen Einfluß auf ihre nach außen getragene Glückseligkeit zu haben: Korruption, Pseudo-Kommunismus (keine soziale Absicherung, Marktwirtschaft, starkes Wohlstandsgefälle) und Armut. Wie kann es sein, dass die Menschen, obwohl sie selber über so wenig verfügen, uns noch Geschenke machen wollen und uns so völlig ohne Neid oder Hass begegnen? Ob der Buddhismus, der hier eine große Rolle spielt, die Antwort auf diese Frage ist oder die Geschichte des Landes wissen wir nicht. Unsere Bemühungen, eine Antwort auf diese Fragen zu finden, blieben bisher ohne Erfolg. Dass hier jedoch eine sehr positive Grundstimmung herrscht, da stimmt uns auch jeder Laote mit einem breiten Grinsen zu.

Mit guter Stimmung ging es auch für uns aus Oudomxay weiter in Richtung Louang Prabang. Wir waren froh über den erholsamen Tag, den wir uns gegönnt hatten, denn uns stand ein anstrengender Tag bevor. Auf einer schlechten Straße hatten wir zwei Pässe zu überwinden. Belohnt wurden wir mit tollen Ausblicken und Begegnungen mit den Menschen iin den Dörfern. Da störte uns der Staub, der uns am Ende des Tages wie Grubenarbeiter aussehen ließ, wenig. In Pak Mong fanden wir außerhalb des Dorfzentrums eine nette Bleibe und fielen voller Vorfreude auf den nächsten Tag ins Bett. Der nächste Tag war nur einem Motto unterstellt: Louang Prabang. Unser Ziel der letzten 2 Wochen war nun endlich in greifbarer Nähe und so spulten wir die restlichen 114 km auf eher flachem Gelände (“nur” 650 Höhenmeter, so langsam haben wir keine Münsterländer Maßstäbe mehr) schnell ab und kamen schon gegen halb 2 in unserem Zielort an.

Louang Prabang ist mit seinen vielen Tempeln, Wasserfällen und Höhlen eines der beliebtesten Touristen-Ziele in Südostasien – vor allem für Langnasen wie uns. Das Resultat ist, dass es unglaublich viele Unterkünfte, Restaurants und Cafés gibt. Wir müssen gestehen, dass wir es total genossen, einfach nur entspannt Kaffee zu trinken und uns durch das Angebot der Baguette-Stände zu futtern. Endlich mal wieder Brot!!! Wir kamen während unseres Aufenthalts in Louang Prabang eigentlich gar nicht dazu, das Sight-Seeing-Programm abzuarbeiten. Ständig trafen wir nette Leute – Backpacker und auch andere Reiseradler! Und so blieben wir irgendwie immer irgendwo hängen, redeten, tranken Kaffee :) Wir ließen uns einfach treiben und gerieten eines Morgens per Zufall in ein ganz besonderes Ereignis: Das Guesthouse, in welchem wir untergekommen waren, hatte gerade einen Wechsel der Managerin hinter sich. Es gehört in Laos zur Tradition, dass ein neues Unternehmen und seine Mitarbeiter von Mönchen gesegnet werden. Und so fuhren morgens zwei Autos vor, aus denen ca. 15 Mönche in ihren wunderschönen, orangen Roben stiegen. Der Eingangsbereich unseres Guesthouses war bereits mit Teppichen ausgelegt und mit orangen Blüten geschmückt und Nachbarn, Mitarbeiter als auch Gäste des Guesthouses saßen auf dem Boden, um an der Zeremonie teilzunehmen. Die Mönche beteten zunächst etwa eine halbe Stunde lang. Ein Mönch segnete abschließend alle Beteiligten und das Haus, indem er mit einem nassen Zweig die Menschen und das Gebäude von innen mit Wasser besprenkelte. Anschließend gaben die Mitarbeiter des Guesthouses Geschenke (wie z.B. Zahnpasta, Duschgel und Kekse aber auch Geld) an die Mönche. Das Geschenk wird dabei mit einer tiefen Verbeugung und ausgestreckten Armen von den Männern überreicht. Nachdem alle Geschenke übergeben worden waren, wurde den Mönchen Essen serviert. Der letzte Punkt der Segnung war für uns der wichtigste. Die Mönche segnen eine große Anzahl von kleinen weißen Bändchen, welche man sich später gegenseitig mit guten Wünschen um die Handgelenke bindet.

In Louang Prabang durften wir noch an einem anderen wichtigen Ereignis teilhaben. Wir haben es rechtzeitig zur Hochzeit von Vera und Andreas geschafft, eine einigermaßen gute Internet-Verbindung herzustellen. So konnten wir zumindest per Skype den größten Teil der Trauung mitverfolgen. Für uns war es schön zumindest auf diesem Wege mit dabei sein zu können. Gleichzeitig war es aber auch einer der schwersten Momente von Heimweh auf unserer Reise. Nach dem Skypen waren wir beide sehr glücklich für das frische Brautpaar und gleichzeitig sehr traurig nicht mit unserer Familie feiern zu können. Wir werden kräftig in die Pedale treten, dass wir die Party und die kirchliche Trauung nächstes Jahr nicht verpassen!

Die Tage der Erholung konnten unsere Körper gut gebrauchen. Direkt nach Louang Prabang erwarteten uns mit 2000 zu überwindenden Höhenmetern unsere bisher meisten Höhenmeter an einem Tag. Auf dieser Etappe hatten wir kräftige Unterstützung, denn wir waren mit Penny und Eric aus den USA und Lauren und Matthew aus Südafrika in Louang Prabang gestartet. Es war schön wieder mit ein paar Radreisenden unterwegs zu sein und wir pushten uns gegenseitig die Berge hoch. Als wir am späten Nachmittag bei starkem Nieselregen oben im Dorf Kiewkacham ankamen waren wir froh, den Luxus einer warmen Dusche zu haben. Nach dem gemeinsamen Siegesbier ging es schnell ins Bett, denn wir waren alle K.O. vom Tag. Besonders für Bine war es ein harter Tag gewesen, denn ihr ging es schon den ganzen Tag nicht so gut und am Abend hatte sie auch noch Fieber. Wir trafen sofort die Entscheidung mit dem Bus weiter in die nächstgrößere Stadt Vang Vieng zu fahren, denn wir wollten kein Risiko eingehen. Wir sind in den Subtropen angekommen und da kann Fieber auch schon mal nur ein Symptom einer Krankheit wie Malaria oder Dengue-Fieber sein. Am nächsten Morgen mussten wir 2 Stunden vor dem Guesthouse warten bis endlich ein Bus vorbeikam der in unsere Richtung fuhr und der noch genug Platz für 2 Reiseradler + Räder hatte. Schnell waren die Räder verstaut und wir konnten die 6-stündige Fahrt ohne richtigen Sitz “genießen” . Sabine kam in der Schlafkammer der Fahrer unter, wodurch die lange Busfahrt erträglich wurde und sie sogar zeitweise gut schlafen konnte. Da der Bus komplett überbucht schon im Dorf ankam, war die Fahrt für Thorsten nicht so angenehm. Auf einem kleinen Plastikhocker musste er sich auf der sehr kurvigen Fahrt immer wieder irgendwo festhalten um nicht in den Kurven vom Hocker zu fallen. Der Bus war auf der schlechten, bergigen Straße nicht viel schneller unterwegs als wir auf dem Rad. Für eine Strecke für die wir mit dem Rad normalerweise 12 Stunden brauchen, brauchte der Bus immerhin noch 6 Stunden. Dies, die wunderschöne Landschaft die viel zu schnell an uns vorbeiflog und die Dörfer und Menschen, die wir nur durch eine Scheibe betrachten konnten, haben uns noch mehr davon überzeugt, dass wir mit dem absolut richtigen Verkehrsmittel Laos durchqueren.

Kurz nach Einbruch der Dunkelheit kamen wir in Vang Vieng an und fuhren erst einmal direkt zum Krankenhaus. Die Klinik war für laotische Verhältnisse gut ausgestattet und so war ein Bluttest, um Malaria und Dengue-Fieber ausschließen zu können, überhaupt kein Problem. Der Test war negativ und so fuhren wir mit dem Wissen, dass Erholung die beste Medizin sein wird, zu unserem Guesthouse außerhalb der Stadt. Vang Vieng ist ein kleiner Ort auf der Hälfte der Strecke zwischen Vientiane und Louang Prabang. Zur Zeit des Vietnam-Krieges hat die USA hier eine kleine Flugbasis errichtet, von der heute nur noch die große Start- und Landebahn übrig geblieben sind. Der Ort war in den letzten 20 Jahren aber eher durch Drogeneskapaden westlicher Backpacker berühmt geworden; bis vor zwei Jahren die laotische Regierung dagegen vorging und 24 Bars schloss. Der Ort hat sich seitdem sehr beruhigt auch wenn man heutzutage noch viele Backpacker antreffen kann, die nur zum Trinken und Feiern nach Vang Vieng kommen. Wir zogen es in Vang Vieng eher vor, in unserem Guesthouse in Ruhe zu entspannen und die schöne Karstlandschaft zu genießen. Fast eine ganze Woche verbrachten wir dort bis Bine sich wieder einigermaßen fit fühlte. So viel “Freizeit” heißt für uns auch immer, dass wir mehr Zeit haben über unsere Route nachzudenken. Wir hatten die Berge in den letzten Wochen sehr lieben gelernt und freuten uns nicht besonders auf die bevorstehenden 800 km Flachland am Mekong entlang. Eine Alternative musste her und wurde schnell gefunden. Anstatt in Laos den Mekong bis zur Grenze von Kambodscha entlang zu fahren, werden wir den Ho Chi Min Pfad in Vietnam und das hügeligere Hinterland Vietnams erkunden bevor wir die Traumstrände an den Küsten ins Visier nehmen.

Auf dem Weg von Vang Vieng nach Vientiane wurde die Landschaft zunehmend flacher und der Verkehr immer stärker. Auch wenn der Verkehr im Vergleich zu anderen Hauptstädten eher gering war, hatte man als Radfahrer trotzdem mit viel Staub und Smog in der Luft zu kämpfen. Vientiane ist eine Hauptstadt die eher proviniziellen Charakter hat. Die meisten Häuser haben kaum mehr als 2 Stockwerke und der Stadtkern ist innerhalb von 10 – 15 Minuten zu Fuß erkundet. In Vientiane spürt man regelrecht die französische Kolonialvergangenheit. Es gibt viele französische Cafés und die Architektur erinnert an so manche französische Stadt. Wir hatten eigentlich Vientiane schon nicht mehr auf unserer Reiseroute gehabt, da es hier eigentlich keine wirklichen Sehenswürdigkeiten gibt. Unser Grund hierhin zu kommen war unser Plan, nach Vietnam zu radeln. Zum ersten Mal seit unserem Visa-Run in Teheran mussten wir uns wieder um ein Visum für ein Land bemühen. Anders als bei anderen südostasiatischen Ländern bekommt man für Vietnam kein Visum on arrival bei der Einreise über die Landesgrenzen.

Das Visum ist nun besorgt und wir sind startklar für unsere letzte Woche in Laos. Uns gefällt Laos sehr, allerdings haben wir den richtig schönen landschaftlichen Teil bereits hinter uns (und leider zum größten Teil im Bus verbracht… :( ). Wir sind nun gespannt auf Vietnam und freuen uns auf atemberaubende, abwechslungsreiche Landschaften. Mal wieder eine spontane Planänderung, aber die sind ja meistens die besten :)

Gefahrene Strecke

Legende

  • Fahrrad
  • Zug/Bus/Schiff
  • Flugzeug