Die letzten Tage waren genau so, wie wir uns unsere Reise mit dem Fahrrad durch die Welt vorgestellt haben. Einmal aus Budapest raus, waren die Fahrradwege und die kleineren Straßen deutlich schwerer zu befahren. Unsere Fahrräder bestanden den Buckelpistentest mit sehr gut! Breite Reifen und 26 Zoll waren die richtige Entscheidung :) Außerdem kommt unser Zelt nun sehr regelmäßig zum Einsatz. Wir durchfahren meist kleine und verschlafene Dörfer. Hier eine Unterkunft zu finden ist zwar bestimmt möglich, aber deutlich schwieriger als noch in Deutschland oder Österreich. Es ist immer ein sehr beruhigender Gedanke, dass man seine Unterkunft für die nächste Nacht bereits mit sich trägt. Wir sind absolut unabhängig! Die Nächte im Zelt sind mittlerweile auch deutlich einfacher, wir schlafen mittlerweile so ruhig und werden nicht mehr von jedem kleinsten Geräusch wach. Auch werden die Nächte deutlich wärmer, meist ist es so ca. 5-10°C. Sicherlich ist auch die Gesellschaft von Lili und Dani ein sehr beruhigender Gedanke – den beiden geht es genau so :)
Zu viert starten wir also in Budapest und sind alle sehr gut erholt! Wir freuen uns auf die bevorstehenden, gemeinsamen Tage und natürlich darauf, mehr vom Land und den Leuten zu sehen. Ziemlich flach ist die Landschaft Ungarns, trotzdem schaffen wir im Durchschnitt nur 60 km pro Tag. Die Wege werden abenteuerlicher und zu viert macht man deutlich mehr Pausen als zu zweit. Auf der einen Seite ist es schön, so entspannt unterwegs zu sein, es ist das, was wir wollten: Entschleunigung! Auf der anderen Seiten ist da immer noch der Drang, voran zu kommen… wir müssen noch lernen, dass wir uns nun für 1 Jahr nicht stressen müssen. Immer wieder sagen wir uns: “Wir haben 1 Jahr Zeit und das, was wir schaffen, schaffen wir – der Weg ist das Ziel!” Und doch ist in unserem Kopf die geplante Route, die wir schaffen wollen und die im Moment eher noch an Radelkilometern zunimmt, da wir planen den gesamten Weg bis nach Asien mit dem Fahrrad oder auch mal mit dem Zug zurückzulegen. Wir mögen den Gedanken, alle Länder auf dem Weg zu sehen (der Iran wurde uns von Mehdi eh schon so schmackhaft gemacht, da können wir gar nicht mehr anders, als diesen auch zu sehen) und außerdem hat dies den Vorteil, dass man sich langsam an Veränderungen gewöhnt.
Nach 3 Nächten im Zelt landen wir eher ungeplant in einem Hostel in Baja. Baja ist bekannt für Halaszle, eine Fischsuppe. Mittags kommen wir hier an und wollen diese natürlich probieren! Es wird ein unerwartet üppiges Mittagessen und wir sind danach so träge, dass wir beschließen, 50 m weiter die Straße herunter den Campingplatz zu nutzen. Dieser ist leider geschlossen, denn es sei “zu kalt zum Zelten”… das können wir absolut widerlegen! :) Also beziehen wir für 20€ pro Zimmer das Hostel und sind die einzigen Gäste. Wir beschließen, dass es wohl niemanden stört, wenn wir auch noch die offenen und noch nicht gereinigten Zimmer zum Trocknen der Wäsche oder als “Wohnzimmer” mit nutzen :) Es ist sehr interessant, welche Veränderungen man an sich selber bemerkt. Sauberkeit ist uns beispielsweise nicht mehr wichtig – unsere neuen Luxusgüter heißen Internet und warme Dusche!
Bei bombastischen 28°C machen wir vier uns am nächsten Morgen auf den Weg nach Kroatien. Unser erster “richtiger” Grenzübergang mit Passkontrolle etc. Das Öffnen der Schranke an der Grenzstation unterstrich perfekt das Gefühl das man hat, wenn man wieder ein neues Land betritt. Der Gedanke, das alles mit dem Fahrrad geschafft zu haben, macht unglaublich stolz und man ist gespannt auf das nun vor einem liegende Land, die Leute und die Landschaft.
Die ersten Meter in Kroatien führen uns bereits einen Teil der Geschichte Kroatiens vor Augen. In den Dörfern stehen zwischen normal bewohnten Häusern immer wieder Ruinen – Wohnhäuser die im kroatischen Krieg zerstört wurden, Einschusslöcher sind nicht selten auch an Kirchen zu sehen. Wir befinden uns in dem Teil Kroatiens, in dem der kroatische Krieg besonders heftig stattfand. Auf uns wirken diese noch offensichtlichen Überreste des Krieges sehr bedrückend. Die Menschen um uns herum sind jedoch alle so unglaublich freundlich und gut gelaunt, sie winken uns zu, grüßen, lachen. Unseren letzten Zeltplatz zu viert finden wir an einem Angelsee. Wir sind alle ziemlich platt von einem sonnigen und langen Tag auf dem Fahrrad.
Angekommen in Osijek müssen wir uns von Lili und Dani verabschieden. Wir haben jeweils einen Gastgeber via couchsurfing gefunden und die beiden wollen auch länger in der niedlichen und wunderschönen Studentenstadt bleiben, da Dani noch arbeiten muss. Also radeln wir beiden nach einer erholsamen Nacht bei Dajana und Dragan mit selbstgemachtem Rakija und einem super Frühstück mit selbstgemachten Würsten wieder alleine weiter in Richtung Serbien. Wir haben uns nach 10 Tagen des gemeinsamen Radreisens sehr an zusätzliche Gesellschaft gewöhnt, es gab immer so viel zu reden, so viel über andere Kulturen zu erfahren. Doch kaum wieder zu zweit auf der Straße, machen wir wieder ordentlich Kilometer: Die Straßen sind größtenteils geteert und der Regen treibt uns nach Ilok, wo eine trockene Unterkunft auf uns wartet. Mit dem ersten Stempel im Reisepass fahren wir am nächsten Tag auf serbischen Straßen, vorbei an bellenden Hunden, durch erste serbische Städte, die uns auf eine Art indisch erscheinen: viele kleine Geschäfte reihen sich aneinander, viele Menschen und Autos sind auf den Straßen unterwegs und wir können nichts lesen ;) Nach einem grauen und eher tristen Start in Serbien hoffen wir auf schöne nächste Tage mit toller Landschaft und der uns schon lange im Voraus von anderen Reiseradlern angekündigten Gastfreundschaft der Serben!